Woher kommt der Kasperl?
In den meisten Nationen gibt es ihn seit Jahrhunderten: den Spaßmacher. Das ist eine lustige Figur, die jeder sofort erkennt. Meist ist es ein einfacher Mann aus dem Volk, der sich mit groben Witzen durchsetzt und nicht selten auch mit Hilfe seiner Fäuste. Bei den Franzosen heißt die Figur „Guignol“, in der Türkei „Karagöz“, in England „Punch“ und bei den Indern „Vidushaka“. Im deutschen Sprachraum war es zuerst der „Hans Wurst“ und danach der „Kaspar“ oder „Kasperl“.
Hans Wurst hat Hunger und Durst
Am Anfang des 15. Jahrhunderts taucht in der deutschsprachigen Literatur und im Volkstheater eine Figur auf, die man ungefähr so beschreiben kann:
Es ist ein Bauer, er hat bunte Kleider an und einen spitzen, grünen Hut auf, er spricht Dialekt, macht dauernd Unsinn und interessiert sich vor allem für Essen, Trinken und schöne Frauen. Sein Name: Hans Wurst.
Bei den einfachen Leuten ist Hans Wurst schnell beliebt. Er ist „einer von ihnen“ und tut, was viele gerne tun würden: er sagt, was er denkt.
Er unterbricht seinen Theatertext, spricht über aktuelle Ereignisse und macht Witze darüber. Heute wäre das nichts Besonderes, aber damals hatte der kleine Mann keine Meinungsfreiheit und überhaupt wenig Rechte.
Genau aus diesem Grund kommt der Spaßmacher bei den Herrschenden nicht so gut an. In Wien, wo die Figur des Hans Wurst in der Volkskomödie am weitesten entwickelt ist, kommt es im 18. Jahrhundert unter Kaiserin Maria Theresia sogar zu einem „Hanswurststreit“. Die Zensurbehörde wollte dem Publikumsliebling nämlich das freie Sprechen, das sogenannte „Extemporieren“ verbieten.
Das Volkstheater ...
Das Volkstheater (meist nur Singular): Theater für die einfachen Leute, zunächst oft auf Wanderbühnen, die von einem Ort zum nächsten zogen. Später gab es immer mehr feste Volkstheater in eigenen Theatergebäuden.
Der Dialekt ...
Der Dialekt, -e: Die Art, wie eine Sprache in einer bestimmten Gegend gesprochen wird. Das Wienerische ist zum Beispiel ein deutscher Dialekt, der in Wien gesprochen wird.
Der Kleine Mann ...
Der kleine Mann (nur Singular): Redewendung für „die einfachen Leute“, „das einfache Volk“.
Die Herrschenden ...
Die Herrschenden (in diesem Zusammenhang nur Plural): die Gruppe der entscheidenden Leute in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
Vom dummen Hans Wurst zum schlauen Kaspar
Vom brutalen Kasper zum netten KasperleMit dem 18. Jahrhundert geht auch die Zeit des Hans Wurst zu Ende. Er ist dem Publikum inzwischen zu einfach, zu bäuerlich, zu grob. Um 1770 entsteht in Wien eine neue lustige Figur. Sie ist ähnlich gekleidet wie der Hans Wurst und heißt Kaspar, vielleicht nach dem Vorbild des tschechischen Spaßmachers „Kasparek“. Kaspar übernimmt einige wichtige Eigenschaften von Hans Wurst. Auch er redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Auch er achtet darauf, dass er immer genug zu essen und zu trinken hat. Aber Kaspar ist intelligenter. Er ist ein Gewinnertyp, der sich auf jeden Fall durchsetzt, entweder mit guten Ideen oder – wenn das nicht klappt – mit den Fäusten.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verschwindet aber auch Kaspar wieder von der Volkstheaterbühne. Das Publikum will zwar weiter lustige Stücke sehen, aber die Rollen sollen nun individueller und anspruchsvoller gestaltet sein. Gegen diesen Trend helfen Kaspar weder Gewalt noch Verstand. Für ihn bleibt nur noch die Puppenbühne, das „Kasperltheater“.
schlau: Man nennt jmd. „schlau“, wenn er seine Intelligenz immer so einsetzt, dass sie vor allem ihm selbst Nutzen bringt.
Vom brutalen Kasper zum netten Kasperle
Im 19. Jahrhundert ist die „lustige Figur“ wieder dort angekommen, wo sie 400 Jahre zuvor als „Hans Wurst“ gestartet war. Auf Jahrmärkten bringen fahrende Puppenspieler ihr Publikum mit dem Kasper zum Lachen. Die Zuschauer kommen vor allem aus den untersten Bevölkerungsschichten. Das Niveau der Vorstellungen ist oft erschreckend niedrig. Die Späße sind primitiv und es gibt viele brutale Szenen.
Aber ab der Mitte des 19. Jahrhunderts beginnt eine neue Entwicklung. In München schenken der Schriftsteller Franz von Pocci und der Puppentheaterbesitzer Josef Schmid der Kasperlfigur neues Leben. Ihre fantasievollen und lustigen Puppenstücke werden vor allem von Kindern und Jugendlichen gerne gesehen. Der Trend zum jungen Publikum geht zu Beginn des 20. Jahrhunderts weiter. Unter der Leitung des Puppenspielers Max Jakob entsteht in Sachsen der sog. „Hohnsteiner Kasper“, die Puppenfigur des Kasperls, wie man sie auch heute noch allgemein kennt. Statt des spitzen Huts trägt sie jetzt eine Zipfelmütze und ihr Gesicht ist freundlicher. Aus dem schlauen Kaspar ist das nette „Kasperle“ geworden, eine lustige Figur für die Allerkleinsten.
Mit meinen handgeschnitzten Puppen und handgemalten Kulissen spiele ich in dritter Generation Puppentheater.
Ist der Kasper tot?
Das Leben in der modernen Gesellschaft ist so kompliziert geworden und die Interessen der Menschen sind so unterschiedlich, dass ein Spaßmacher für alle schon lange nicht mehr genügt. Wohl auch deshalb hat der Kasper als typische lustige Figur keinen Platz mehr in unserem Alltag.
Im Fernsehen – dem „Kasperltheater der Gegenwart“ – kämpfen heute viele verschiedene Spaßmacher um die Aufmerksamkeit ihrer Zuschauer. Nicht wenige von ihnen benützen dabei auch Methoden, die schon Hans Wurst oder Kasper verwendet haben.
Sie sehen die Welt aus der Perspektive des „kleinen Mannes“, sie kennen kein Tabu und ihre Witze sind oft laut, grob und plakativ. Zu dieser Art von Komödianten gehören zum Beispiel Gerhard Polt und Gisela Schneeberger, aber auch der Fernseh-Spaßmacher Harald Schmidt und eine Reihe weiterer Komiker. Lebt der Kasper also doch noch? Vielleicht könnte man die Frage so beantworten: Als „lustige Figur“ für das ganze Volk ist Kasper schon lange tot. Seine Art, Späße zu machen, lebt aber weiter.
Das Oberbayrische Puppentheater hat sich vorgenommen den Kasperl – So lange wie möglich den Kindern zu präsentieren. Damit diese alte Volkskunst des Handpuppenspiels nicht auch bald einer Vergangenheit angehört deren Zukunft äußerst traurig ausschaut.
Sie haben die Möglichkeit dazu beizutragen das der Kasperl weiterleben darf es wäre doch schade um diesen netten Kerl.
Mit meinen handgeschnitzten Puppen und handgemalten Kulissen spiele ich in dritter Generation Puppentheater. (siehe: Die Tradition)
Ich spreche alle Rollen selbst und führe alle Puppen allein, das heißt Spaß, Spannung und Mitmachen, da das Publikum ins Spiel mit einbezogen wird. Es werden keine Tonbänder oder ähnliches verwendet. Alle Stücke entsprechen den aktuellen pädagogischen Anforderungen. In den Aufführungen wird keine Gewalt angewandt, der Kasperl löst alle Aufgaben mit Witz, Charme und mit Hilfe seiner Freunde und den Tieren.